Schwerpunkt: Anders Wohnen
Die Möckernkiez Genossenschaft – Wie aus einer Vision vorübergehend Illusion und dann doch ein tolles Wohnprojekt wurde
Sa., 27.10.2018
„Handeln, nicht zögern!“ – Das mögen sich die Beteiligten des Gründungstreffens gedacht haben, als sie vor neun Jahren die Möckernkiez Genossenschaft eG ins Leben riefen. Die Idee: ein selbstverwaltetes, soziales und ökologisches Mehrgenerationen-Projekt. Es sollte Auto-freie Wege nach Innen sowie offene Zugänge zu allen Seiten haben und mit Angeboten bzw. Aktivitäten für und mit der Nachbarschaft den sozialen und kulturellen Zusammenhalt im Kiez befördern.
Anfang 2014 wurde mit dem Bau im Kreuzberger Möckernkiez begonnen. Aber schon bald geriet das große Modellprojekt ins Stocken, wurde vorübergehend Illusion, als ein Teil der Banken die Finanzierungszusage zurück zog und die Bau-Arbeiten gestoppt werden mussten. Mehr als ein Jahr standen die Rohbauten still und verwaist zwischen Gleisdreieck-Park und Yorkstraße – traurige Bau-Gerippe wie zur Warnung.
Einzelne Interessent*innen waren erschrocken abgesprungen, die Suche nach finanzieller Rettung lief auf Hochtouren. Als die endlich gefunden und der alte Vorstand durch einen neuen ersetzt war, kam im Juni 2016 wieder Leben auf die Baustelle. Anfang 2018 konnten die Ersten einziehen.
Heute leben rund 1.000 Bewohner*innen in den 475 barrierefreien Genossenschaftswohnungen. Da die Lage der Wohnungen stark variiert (die einen liegen an der verkehrsreichen Yorckstraße, andere unmittelbar am Gleisdreieckpark), haben sich die Genoss*innen beim monatlichen Nutzungsentgelt (Miete) auf zwölf Wohnwertstufen geeinigt. Für die einmalig zu erwerbenden Genossenschaftsanteile waren ca. 920,00 € je qm aufzubringen.
Viele der Beteiligten sind seit Anfang an dabei. Das bedeutet: Zehn Jahre Vollversammlungen und AG-Treffen, unendlich viele Debatten, in denen gerungen und manche Entscheidung mitzutragen war – für Einzelne manchmal eher eine Kompromiss-Kröte als den eigenen Wünschen entsprechend. Der Prozess hat aber auch zusammen geschweißt. Partizipation wird seit den Anfängen groß geschrieben, denn für die teils weit auseinander liegenden Interessen der Bewohner*innen gilt es, tragfähige Kompromisse zu finden.
Wie verlaufen die Debatten, wenn schwierige Entscheidungen anstehen und was bedeutet Partizipation hier im Einzelnen, wenn die Wünsche von Tausend Bewohner*innen unter „einen Hut“ zu bringen sind.
Was lässt sich aus der schwierigen Entstehungsgeschichte der Möckernkiez Genossenschaft lernen? Was ist zu beachten, wenn solch ein großes Projekt gestartet wird? Immerhin handelt es sich hier um das „größte privat initiierte genossenschaftliche Projekt in Deutschland“.
Was unterscheidet die Möckernkiez Genossenschaft eG von anderen Genossenschaften? Und worin liegen die Unterschiede zu anderen gemeinschaftlichen Wohnprojekten, z. B. jenen, die zum Mietshäuser Syndikat gehören?
Diese und
weitere Fragen werden Gegenstand meiner Einführung sein. Beim anschließenden Austausch in der Genossenschaft haben Sie
Gelegenheit, Einblicke in die Entstehungsgeschichte und die Finanzierung des
Projekts zu erhalten. Wir erfahren etwas über die dort praktizierten Methoden
der Partizipation und welche verblüffenden Ergebnisse das haben kann. Wir
bekommen Einblicke in das, was gemeinschaftliches Wohnen in der Möckernkiez Genossenschaft eG bedeutet
und hören, was es mit dem Sozialen Zentrum der Genossenschaft auf sich hat.
Für Austausch und Besichtigung sind rund 1,5 Stunden vorgesehen, die Einführung
wird etwa eine Stunde dauern.
(Treffpunkt nach Anmeldung ca. 5 Tage vorher; er wird nahe dem U-/S‑Bhf
Yorckstraße sein.)