WiLMa19 – Ein Hausprojekt des Mietshäuser Syndikats auf dem ehemaligen Stasi-Gelände

Fr., 22.06.2018

Unver­käuf­lich und bezahl­bar woh­nen – welch‚ fas­zi­nie­ren­de Idee ange­sichts der Mie­ten­pro­ble­ma­tik in Ber­lin! Und kei­ne Uto­pie, wie die Miets­häu­ser-Syn­di­kat-Pro­jek­te zei­gen. Das Miets­häu­ser Syn­di­kat unter­stützt Grup­pen dabei, ihren Wunsch nach selbst­be­stimm­tem Woh­nen in Gemein­schaft zu ver­wirk­li­chen, auch wenn die Betei­lig­ten nur ein klei­nes Ein­kom­men haben. Der Ver­ein hat das Ziel, Immo­bi­li­en dau­er­haft der Spe­ku­la­ti­on zu ent­zie­hen. Er ver­steht sich als „Recht­li­cher Ver­bund zur wirk­sa­men Eigen­tums­neu­tra­li­sie­rung“.[1] Was sich im ers­ten Moment kom­pli­ziert anhört, folgt bei nähe­rem Hin­se­hen einer ein­fa­chen wie genia­len recht­li­chen Konstruktion.

In Ber­lin sind Grund­stü­cke rar. Initia­ti­ven, die ein Mehr­ge­nera­tio­nen-Haus oder Ähn­li­ches pla­nen, haben – neben ande­ren Inter­es­sier­ten (Kom­mu­na­le Woh­nungs­bau­ge­sell­schaf­ten, Immo­bi­li­en-Spe­ku­lan­ten, …) – kaum eine Chan­ce, das benö­tig­te Bau­land zu erwer­ben. So wer­den oft her­un­ter gekom­me­ne Alt­bau­ten zum Objekt der Begier­de. Neben (ehe­mals) besetz­ten Häu­sern, die mit Hil­fe des Miets­häu­ser Syn­di­kats lega­li­siert wer­den konn­ten, konn­ten in Ber­lin auch sol­che Gebäu­de zum Haus­pro­jekt umge­wan­delt wer­den, die ursprüng­lich eine ganz ande­re Funk­ti­on hat­ten: ein still geleg­tes Kran­ken­haus oder unge­nutz­te Gebäu­de der Was­ser­be­trie­be oder des Bezirksamtes.

Manch­mal dau­ert es Jah­re bis eine Haus-Initia­ti­ve ein geeig­ne­tes Pro­jekt in greif­ba­rer Nähe sieht. Dann sind 600.00 Euro auf­zu­brin­gen oder 1,3 Mil­lio­nen, auch über 2 Mil­lio­nen kön­nen nötig sein (so drei Ber­li­ner Bei­spie­le) – wenn nicht ande­re Kauf-Inter­es­sier­te zum Zuge kommen.
So haben es auch die Initiator*innen der WiLMa19 erlebt, einem Miets­häu­ser-Syn­di­kat-Pro­jekt in Ber­lin-Lich­ten­berg, wo heu­te um die 65 Men­schen (Alters­span­ne: 1 bis 51 Jah­re) in Woh­nun­gen sehr unter­schied­li­cher Grö­ße zusam­men leben. Die Haus­grup­pe hat lan­ge gesucht und wur­de schließ­lich 2012 auf dem ehe­ma­li­gen Ver­wal­tungs-Gelän­de der Sta­si fün­dig. Viel­leicht ein gewöh­nungs­be­dürf­ti­ger Ort, mit viel Beton und Plat­te. Aber was die Bewohner*innen dar­aus gemacht haben, ist erstaunlich.

Wodurch wur­de die Finan­zie­rung mög­lich? Wie funk­tio­niert die ein­fa­che wie genia­le recht­li­che Kon­struk­ti­on? Das heißt: Wie genau wird eine (Re-)Privatisierung und die Mög­lich­keit der spe­ku­la­ti­ven Ver­wer­tung verhindert?

Und wie über­haupt ist ein Zusam­men­le­ben in einer solch‚ gro­ßen Haus­grup­pe mög­lich? Wie wer­den Ent­schei­dun­gen getrof­fen, etwa in strit­ti­gen Fragen? 

Die Bewohner*innen füh­len sich „dem Grund­satz ver­pflich­tet, sich „nicht nur um (die) eige­nen vier Wän­de zu küm­mern“. Sie stel­len auch „öffent­li­che Räu­me“ zur Ver­fü­gung, die Nachbar*innen und Freund*innen für ihre kon­kre­te poli­tisch-sozia­le und kul­tu­rel­le Arbeit nut­zen kön­nen.[2] Wie wird das in der Lich­ten­ber­ger Nach­bar­schaft angenommen?

Und wie lebt es sich auf dem rie­si­gen Kom­plex zwi­schen Nor­man­nen­stra­ße und Frank­fur­ter Allee, auf der Rück­sei­te des Stasi-Museums?

Die­se Fra­gen und mehr wer­den The­ma sein, wenn wir uns mit einem der Haus-Initiator*innen im Gemein­schafts­raum des Pro­jek­tes tref­fen. Wie immer gibt es vor­her eine aus­führ­li­che Ein­füh­rung, mit der auf den Aus­tausch vor­be­rei­tet wird.  (Treff­punkt nach Anmel­dung ca. 5 Tage vor­her; er wird nahe der U5-Mag­da­le­nen­stra­ße sein.)


[1] http://​www​.syn​di​kat​.org/​d​e​/​s​y​n​d​ikat/

[2] Das Miets­häu­ser Syn­di­kat und die Haus­pro­jek­te – Die Häu­ser denen, die drin woh­nen. Her­aus­ge­ge­ben vom Miets­häu­ser Syn­di­kat 2016