
Unverkäuflich und bezahlbar wohnen, der Spekulation den Boden entziehen – welch‚ faszinierender Gedanke angesichts der Situation auf dem Wohnungsmarkt und der Macht von Investoren und Immobilienkonzernen!
Mit dem Mietshäuser Syndikat ist das keine Utopie. Das „Syndikat“ ist einbundesweit engagierter Verein, der „Hausgruppen“ dabei unterstützt, ihren Traum vom gemeinschaftlichen Wohnen zu verwirklichen.
Solche „Hausgruppen“ existieren …
oft schon Jahre bevor endlich ein geeignetes Objekt oder ein bezahlbares Grundstück für einen Neubau gefunden wird. Die Vorstellungen, was die einzelnen unter gemeinschaftlichem Wohnen verstehen, was geteilt werden und was privat sein soll, sind mitunter lange und intensiv erörtert worden, bevor es zum Hauskauf kommt.
Bei dem Haus in der Kurmärkischen Straße 13 war das allerdings ganz anders: Die Kumi*13, wie das Haus inzwischen fast liebevoll von seinen Besitzer*innen genannt wird, war bis in den Winter 2018 ein gewöhnliches Mietshaus, wenn auch an etlichen Stellen sanierungsbedürftig. Seine Bewohner*innen kannten sich mehr oder weniger flüchtig, als der Eigentümer starb und im Februar 2019 bekannt wurde, dass seine beiden Töchter das Haus verkaufen wollen. Keine gute Nachricht, denn Erfahrungen mit Investoren gab es auch in diesem Bezirk zu Genüge.
Aber es kam anders. Einem doppelten Wunder gleich, fand sich schnell eine Gruppe aus Alt-Mieter*innen und weiteren Interessierten zusammen, die der Wunsch einte, ein gemeinschaftliches Haus- und Kulturprojekt auf die Beine zu stellen. Und – wie um das Wunder komplett zu machen – ließen die Erbinnen sich darauf ein: Schon im Juni 2019 konnte der Hausverein Kumi*13 e.V. das imposante, 1875 erbaute Gründerjahre-Haus mit seinen ca. 1.900 qm Wohn- und Gewerbefläche zu einem fairen Preis erwerben.

Besitzerin ist nun die GLIK GmbH (GLIK = Gemeinsam Leben im Kiez), das rechtliche Konstrukt von Hausverein und dem Verein Mietshäuser Syndikat. Dieses Konstrukt gewährleistet, dass die „Syndikat“-Hausprojekte nicht mehr verkauft und privatisiert werden können.
Ungewöhnlich schnell und praktisch OHNE eigenes Geld sind Mieter*innen und weitere Interessierte zu Hausbesitzer*innen geworden, mit einer großen Verantwortung und einem Schuldenberg, der beängstigen kann. Aber das Haus ist jetzt unverkäuflich! Die Sorge, vielleicht zum Spielball von Investoren-Interessen zu werden, wird die Bewohner*innen nicht umtreiben.
Das wohl Entscheidende war der
Entschluss, dem Mietshäuser Syndikat beizutreten.
Der 1992 in Freiburg gegründete Verein[1] versteht sich als „Rechtlicher Verbund zur wirksamen Eigentumsneutralisierung“.[2] Die ihm zugehörigen Hausprojekte sind vertraglich vor (Re-) Privatisierung
geschützt, der Boden der Spekulation entzogen.
Wie genau funktioniert das? Und was unterscheidet das Mietshäuser Syndikat von Genossenschaften(?) – etwa in der Organisationsform und in Bezug auf die Mitglieder? Wie werden Entscheidungen getroffen? Im Mietshäuser Syndikat, aber auch in den Hausprojekten, so auch in der Kumi*13?
Der Hausverein besteht zur Zeit aus 17 Erwachsenen und 9 Kindern. Und da (fast) „alle in irgendeiner Weise Kunst- und Kulturschaffende sind“, schwebt ihnen „kein separatistisches ´schöner Wohnen‚“ vor. Es soll ein Ort sein, der auch für andere zugänglich ist und von dem sich „gegenseitige Fürsorge und Verantwortung (…) in die Gemeinschaft von Haus und Kiez erweitern (sollen)“. Die Mitglieder des Hausvereins treibt der Wunsch, ihre „Fähigkeiten und Erfahrungen in und mit sozialen Gruppen einzusetzen, in aktiver Auseinandersetzung mit den vielen sozialpolitisch brennenden Fragen“.
Das ist ambitioniert und wird
gerade deshalb eine große Herausforderung sein, weil sich in unmittelbarer Nähe
all das vereint, was das Leben in einem Großstadtkiez interessant, aber auch
schwierig macht: Straßenstrich und engagierte Kirchengemeinde, allerlei
türkische Läden und Cafés, Luxus-Shops und internationale Galerien.
[ Bild 3 ]
Das Nutzungskonzept für die Gemeinschaftsräume ist „im Werden“, soll offen bleiben für die Entwicklungen im Kiez. Ideen für die Nutzung gibt es viele: künstlerische, soziale, politische und auch ökologische; es sind vage Ideen, aber auch sehr konkrete. Lassen wir uns überraschen!
Zunächst aber steht eine Vielzahl unterschiedlichster Arbeiten an (Sanierung, Verwaltung, Buchführung, Kostenkalkulation u.a.m.). Wie sind diese Aufgaben verteilt? Gibt es wechselnde Zuständigkeiten? Was, wenn sich einzelne daran nicht beteiligen können oder wollen?
Wie gehen die (künftigen) Bewohner*innen vor? Wie bewältigen sie die Finanzierung des Projekts? Welche Umbauten sind geplant?
Diese Fragen und mehr können/sollen
Thema sein, wenn wir uns mit einem der Initiator*innen im Gemeinschaftsraum des
Projektes treffen.
Vorab werde ich in das Thema einführen und anhand einzelner Aspekte
(Gemeinschaftliches Wohnen, Finanzierungsformen, Mietshäuser Syndikat und seine Hausprojekte bundesweit) auf den
Austausch vorbereiten.
Eine Anmeldung ist erforderlich! Treffpunkt wird nahe der U2-Bülowstraße sein.
[1] Seine Wurzeln gehen bis 1983 zurück.
[2] http://www.syndikat.org/de/syndikat/verbundbausteine/